Ich hatte einen sehr schönen und ruhigen Schlafplatz hinter einem Tresen gefunden, Kai hatte dafür einen großen Karton als Unterlage. Trotzdem schliefen wir nicht sehr lange. Gegen 7 Uhr weckte mich Kai mit der Nachricht, dass Alex und Veikko noch nicht eingetroffen seinen und dass sie nur noch wenig Zeit hatten, um das Teilziel 7:36 Uhr für Mortagne noch zu erreichen.
Wir frühstückten dann ein letztes Mal auf unserer Tour. Croissants und Pain au chocolats stammten wohl noch von Montag und waren auf 1 Euro heruntergesetzt. Aber auch das war noch viel zu viel für die ungenießbaren Biester.
Alex kam dann während des Frühstücks. Scheinbar hatte er einen Platten gefahren, den er gleich zweimal flicken musste, was ihm viel Zeit gekostet hatte. Natürlich hatte er wieder nicht geschlafen. Aber seine Stimmung war wie immer gut. Veikko hatte er unterwegs verloren. Wir wussten nur, dass er im Online-Tracking noch nicht angekommen war.
Gegen 8 Uhr machten wir uns zu Dritt auf den Weg zurück nach Rambouillet, zum Ziel! Wir haben uns vorgenommen, diese Strecke gemeinsam zu fahren und gemeinsam ins Ziel zu kommen.
Das erste Teilstück ging bis Dreux, ca 80 km (gesamt 1177 km). Es gab wieder Berge und Täler, aber heute waren sie nicht mehr so schlimm. Außerdem fuhren wir deutlich entspannter, warteten aufeinander und schwatzten eine ganze Menge. Zum ersten Mal auf unserer Tour gab es auch ein paar Regentropfen, die aber nicht störten.
Um 12:20 Uhr kamen wir in Dreux an. Wir außen in aller Ruhe zu Mittag, endlich mal wieder etwas richtig Gutes und ließen uns wirklich Zeit. Gedanklich hatten wir es jetzt geschafft. Für die verbleibenden 42 km hatten wir noch bis 17:30 Ihr Zeit. Meine Familie wusste über den Online-Tracker, wo wir waren und scherzten schon, dass wir die restlichen 42 km auch laufen könnten und immer noch in der Zeit wären.
Dennoch zogen sich die letzten Kilometer nach Rambouillet noch einmal ordentlich, aber um 15:39 Uhr kamen wir dann doch glücklich und gesund im Ziel an, unabhängig davon, wie wir auf den folgenden Fotos aussehen.
Mit einem echten Kraftakt schaffte Veikko die 84 Stunden auch noch. Er kam etwa 1,5 Stunden nach uns ins Ziel.
Neben einer großen Medaille, Bier und Cidre erwartete uns noch ein tolles Essen, das aber nicht mehr jeder genießen konnte 😉
Eindrücke, die wir in diesen Tagen gesammelt haben, und die bleiben werden:
- Wir haben unendlich viele nette und sympathische Menschen getroffen, bei den Radfahrern, bei den freiwilligen Helfern und bei ganz vielen Zuschauern, die am Wegesrand applaudiert haben und unorganisiert Essen / Trinken angereicht haben.
- Wir fuhren durch wunderbare Landschaft auf sehr wenig befahrenen Straßen. Die wenigen Autofahrer hatten viel Verständnis mit den Randonneuren, die manchmal vor Müdigkeit auf den Straßen mäandierten.
- Die Müdigkeit war allgegenwärtig, bei den Anderen und auch bei uns, und sie nahm täglich zu. Die “Ausgeschlafenen” in unserem Team sind in Summe während der kompletten Tour vielleicht auf sechs Stunden Schlaf gekommen, die “Müden” eher nur auf zwei Stunden. In Erinnerung bleiben werden die Bilder aus den Nächten, wenn beleuchtete Fahrräder am Straßenrand liegen und irgendwo daneben die Fahrer dazu, oder die Kontrollstellen, an denen überall auf Bänken und auf dem Boden schlafende Randonneure herumlagen.
- Die vielen Höhenmeter (ca 1000 hm / 100 km) machten die komplette Strecke zu einem andauernden Auf und Ab. Schnell merkten wir, dass wir Flachländer uns mit einer 600 km-Tour zum Darß eben nicht angemessen vorbereitet hatten, auf das was hier abgefragt wurde.
- Der Zusammenhalt in unserem Team hat sehr gut funktioniert. Die Berge stellen eine harte Prüfung für jede Gruppe dar: jeder hat sein Tempo, in dem er den Berg hochfährt. Anfangs haben wir oben immer aufeinander gewartet. Später sind wir in zwei Zweiergruppen gefahren und haben uns erst an den Kontrollstellen wieder getroffen. Letztlich sind wir aber gemeinsam im Ziel angekommen!
Würde ich an Paris-Brest-Paris noch einmal teilnehmen? Wenn es nicht so anstrengend wäre: auf jeden Fall! :-))
Nachdem wir uns im Ziel gestärkt hatten, hieß es Zusammenpacken und Abschied nehmen. Kai und ich duschten noch, Alex und Veikko hatten ein Hotelzimmer gebucht und würden die nächsten Tage noch in der Gegend zubringen.
Gegen 21 Uhr nahmen Kai und ich den Zug nach Montparnasse, wo auch wir uns trennten: Kai fuhr zum Flixbus nach Bercy und ich zu meinem Freund Christian.
Mein Rucksack war mir zu schwer, weshalb ich ihn im Bahnhof abgab, um ihn in den nächsten Tagen zu holen. Die Fahrt durchs nächtliche Paris war auch so anstrengend genug. Gegen 23 Uhr kam ich dann bei Christian an. Ich trank schnell noch ein paar Bierchen, dann war der Tag geschafft!
Von meiner Familie bekam ich die folgende Gegenüberstellung vorher/nachher: