Den Tag begannen wir mit dem schlechten Omen des wie üblich letzten Platzes beim ESC für Deutschland (mit den passend benamten „Lord of the Lost“), ließen uns dadurch aber nicht die Laune trüben (den allermeisten war´s sowieso egal). Das Frühstück rustikaler als in der Post, aber es fehlte an nichts. Wie sich später herausstellte, hatten einige Teilnehmer (generisches Maskulinum) das ausgehängte Schild übersehen, das Mitnahme von Speisen strengstens untersagte, und Wegzehrung eingepackt. Nachdem wir unsere Räder aus der Garage geholt hatten, starteten wir pünktlich bei 4,5 Grad und es wurde bis Grünwald nicht wärmer als 7/8 Grad, blieb aber, von einigen wenigen angedeuteten Nieseltröpfchen abgesehen, trocken.
Thilo hatte für die Rückfahrt eine Alternativroute ausgearbeitet, mit Ausflügen in den Berg mit ein paar heftigen Steigungen (besonders leichtfüßig bewältigt von Dietrich mit seinen kräftigen Beinen und einem gigantischen Ritzelpack und sowieso von Dietmar mit seinen überlegenen Bergqualitäten, die er später bei der Steigung nach Rothenrain nochmals demonstrieren würde) und auf Wegen mit ziemlich grobem Geröll. Ein Hochgenuss für unsere Gravel-Bikes, die sich zwar schon am Vortag in ihrem angestammten Lebensraum wohlfühlen durften, sich aber hier wahrlich artgerecht austoben konnten. Ein herrlicher Abschnitt unserer Ausfahrt! Teils auf mit Tag 1 identischem, teils abweichendem Weg mit einigen kurzen Irrwegen und einer Fast-Wanderung auf schlammig-abschüssigem Waldboden (nur Dietmar und ich plädierten für Weiterwandern, auf Mehrheitsbeschluss wurde umgedreht und eine bessere Route gewählt) fuhren wir recht zügig und mit nur wenigen Pausen gen Norden.
Tempo und Charakter der Kolonnenfahrt hatten nun schon eher rennradartigen Charakter angenommen und genau diese Mischung macht den Reiz der Gravelbikes aus. Der Plan, eine kurze Mittagspause in einer Bäckerei einzulegen, wurde etwas inkonsequent umgesetzt, in Rothenrain ließen wir das einladend wirkende Café Bolzmacher rechts liegen, im nächsten Ortsteil zog sich Thilo an der Genuss-Box, einem Automaten mit lokalen landwirtschaftlichen Produkten, 4 geräucherte Würste, von denen er unter deutlichem Wohlgefallen sogleich eine im Fahren konsumierte. Anschließend war bei ihm eine Leistungssteigerung festzustellen, die bis zum Schluss anhielt. Aber auch bei Cornelia zeigte sich trotz der Strapazen des Vortages auffallend mehr „Wumms“, und das ganz ohne Schweinswurst-Doping. Es geht doch nichts über versteckte Kraftreserven. Alle anderen blieben ihrem Leistungsniveau treu, mit kaum fühlbarer Schwächeltendenz gegen Ende.
Aber zurück zur Wegstrecke: Wir passierten in Egling die Fischzucht Aumühle, als Peter erspähte und verkündete, dass dort Fischbrötchen zu bekommen waren, wahlweise mit (laut Schild Vorderseite „geiztem“) Lachs oder Räucherfisch ungenannter Spezies. Wir machten Halt und wer nichts aus dem Hotel Ramona dabei hatte, stärkte sich mit Backware und Omega-3-Fettsäuren, so dass das innere Kraftwerk wieder auf Volllast schalten konnte. Den weiteren Weg absolvierten wir überwiegend auf umgekehrtem Pfad von Tag 1 und erreichten Grünwald, als die Sonne die Wolkendecke durchbrach, um unsere geschundenen Körper bei nun 11 Grad – gefühlten 15 – sanft zu streicheln. Der Isarwanderweg war schon bei Bad Tölz ungleich stärker bevölkert als am Vortag (klar: Sonntag und Muttertag) und in den Isarauen von München tummelte sich dichter Radl- und Spaziergängerverkehr, den wir natürlich sicher, höflich und souverän umzirkelten. Es gab keine unangenehmen Begegnungen. Der letzte Abschnitt zog sich länger hin als gedacht (subjektiv), doch schließlich erreichten wir unser Ziel, das Hotel zur Post. Herzliche Verabschiedung mündete in allgemeine zufriedene Abreise mit Heimfahrt bei spannenden Radionachrichten über die Wahlen in Bremen und in der Türkei.
Fazit:
Eine Tour wie aus dem Heiligen Buch Gravel. Nie war mehr Schotter, Kies und Waldboden. Ein Hochgenuss, der noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Danke an die Planer und alle Mitfahrer. Auch das Wetter hat mitgespielt, denn wir wollen doch hart sein, oder?
Bericht von Rolf Diekmann (erschienen auf der Teamwork-Homepage)
Videos von Thilo Kudelka, Bilder von den Teilnehmern.